Warum die Preise für Energie Wucher sind
Am Beispiel des Strompreises
Einen (Rohstoff-) Energiemangel gibt es nicht; Energiesparen heißt insbesondere, die hohen Börsenpreise für kurzfristig zugekaufte Energie senken. Die allgemeine Panikmache in den Medien stützt diese Mangelbehauptung und gipfelt in der Phantasie, ein Blackout stünde kurzfristig bevor.
Tatsächlich gibt es neu eine Veränderung bei den Lieferquellen durch den Ausfall von Öl- und Gaslieferungen aus Russland.
Deutschland braucht max. 80 GW.
Deutschland produziert:
223 GW max.
219 GW max. ❌Atomkraft
189 GW max. ❌Atomkraft ❌Gas
131 GW max. ❌Atomkraft ❌Gas ❌Solar
123 GW max. ❌ Atomkraft ❌Gas ❌Solar ❌Offshore
105 GW max. ❌Atom ❌Gas ❌Solar ❌Offshore ❌Braunkohle
also bei Weitem über den Bedarf hinaus. Natürlich ist durch die fehlende Infrastruktur nicht jedes GW 24/7 überall verfügbar. Mit gutem Willen ist die Grundversorgung jederzeit gewährleistet.
Die Entscheidung nach der Wende, die staatlichen Netzgesellschaften zu privatisieren und in den vier Himmelsrichtungen zu unterteilen, hat ein Biotop der Selbstbedienung der Betreiber geschaffen, in dem eine ganz eigene Politik betrieben wird. Hohe Netzentgelte nebst einer völlig undurchsichtigen Preisbildung verstärken das Problem einer ineffektiven Verteilstruktur für Strom (und Gas) in Deutschland. Stromnetze müssen weitgehend engmaschig werden, um auch den lokal erzeugten Strom lokal verteilen zu können.
Die Energieerzeuger unterliegen zwar grundsätzlich den Marktregeln, aber diese weisen den Weg zu unrealistischen Preissteigerungen, die sich durch die erzeugte Panik auch leicht verkaufen lassen.
Die Piratenpartei Deutschland fordert schon lange, dass diese Netze – die sogenannten natürlichen Monopole der Infrastruktur – in Staatshand, mithin in Bürgerhand gehören und dem Gemeinwohl zu dienen haben. Darüber hinaus muss eine ausreichende Redundanz und Resilienz hergestellt werden, an denen die derzeitigen Netzbetreiber kein vorrangiges Interesse haben.
Die großen Energieerzeuger haben in der Krise bewiesen, dass sie nur an extremen Gewinnsteigerungen interessiert sind. Sie sind auch nicht an Investitionen in die Versorgungssicherheit interessiert – diese kosten viel Geld und bringen den Betreibern im aktuellen regulatorischen Rahmen wenig.
Die Piraten fordern auch hier, dass diese Unternehmen in staatliche Regie übernommen werden, weil sie Bestandteil der kritischen Infrastruktur sind und gemeinwohlorientiert wirtschaften müssen.
Wir wollen das auch begründen
Diese Zuspitzung einer schon seit einiger Zeit absehbaren Entwicklung hat eine Geschichte.
„Das teuerste Kraftwerk bestimmt den Preis für alle“ ist ein unverständlicher Mechanismus, den man erklären muss.
Weil das jeweils teuerste Kraftwerk den Börsenpreis für alle Anbieter bestimmt, steigen die Kosten für kurzfristig bestellte Elektrizität gerade stark an.
Warum steigt der Strompreis mit dem Gaspreis, obwohl der Anteil durch Gaskraftwerke erzeugte Strom jetzt nur noch ca. 12,5 % beträgt?
Wenn der Ukrainekrieg die alleinige Ursache für den Anstieg der Gaspreise wäre, wäre es logisch, dass diese Situation (nur) mit einem Achtel auf die Preise an der europäischen Energiebörse in Leipzig (EEX) durchschlägt, dem Markt für kurzfristige gehandelten Strommengen. Aber dem ist nicht so.
Denn kurzfristige gehandelten Strommengen betreffen auch das lokale Stadtwerk, dass ansonsten langfristig feste Preise vereinbart hat. Wenn der Stromverbrauch steigt, müssen MWh dazugekauft werden, die an der Börse gehandelt werden.
Warum wird daher der „Leitpreis“ vom teuersten Kraftwerk bestimmt, aber nicht durch den Durchschnitt der Preisangebote? Es sind doch genug günstige Anbieter am Markt.
Zunächst einmal ist festzustellen, dass die energieintensiven Industrien vom günstigen Preis der Erneuerbaren profitiert haben, aber sich ihrerseits nicht an den Kosten für den Auf- und Ausbau beteiligt haben. Jetzt klagen sie über das hohe Niveau der Energiekosten.
Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, hat man das sogenannte Merit-Order-System eingeführt. Nach diesem System wird die Reihenfolge bestimmt, in der die Kraftwerke zugeschaltet werden. Zunächst dürfen alle Erneuerbaren einspeisen, danach die Kraftwerke mit der Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen.
Wichtig dabei ist Betrachtung der sogenannten Grenzkosten. Als Grenzkosten definiert man in der Betriebswirtschaftslehre und der Mikroökonomik die Kosten, die durch die Produktion einer zusätzlichen Mengeneinheit eines Produktes oder einer Dienstleistung entstehen.
Windräder, Photovoltaik und Atomkraftwerke waren in der Anschaffung relativ teuer, aber die Folgekosten für die „Rohstoffe“ ist sehr gering.
Die Grenzkosten für die Fossil-Kraftwerke sind zurzeit sehr hoch, weil die Preise für die Rohstoffe stark angestiegen sind.
Wenn zurzeit das teuerste Gaskraftwerk den Strompreis an der Börse bestimmt, betrifft es die Produzenten, die ihre Energie dort kurzfristig anbieten. Atomkraftwerken müssen ihre Brennstoffe Jahre im Voraus bestellen. Die Erneuerbaren benötigen gar keine Rohstoffe, die sie einkaufen müssten.
Im Wochendurchschnitt sind die Einkaufspreise an der Börse in diesem Jahr von 142 bis auf 645 EUR pro MWh gestiegen, also auf das 4½-fache. Wohlgemerkt nur für die Teilmenge, die an der Börse dazugekauft werden müssen.
Man könnte nun auf die Gaskraftwerke verzichten. Das geht aber nach hinten los, weil nur diese neben den Erneuerbaren flexibel zu- und abgeschaltet werden können. Z.B. benötigen Braunkohlekraftwerke eine Startzeit von 9 bis 15 Stunden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlekraftwerk#Anfahrverhalten
Zur Netzstabilität sind kurzfristige Zu- und Abschaltung unabdingbar.
Das heißt, die Stromerzeugung ist insbesondere bei Lastspitzen auf Gaskraftwerke und die Erneuerbaren angewiesen. Wobei die Wind- und Photovoltaikanlagen immer wetterabhängig sind und bei fehlerhaften Wetterprognosen unzuverlässig werden, wenn man mal davon absieht, dass dieses Problem durch ausreichend vorhandene Energiespeicher leicht lösbar ist.
Der Weiterbetrieb von Atomkraftwerken ist tatsächlich ungeeignet, denn sie können schon wegen ihrer Schwerfälligkeit einen kurzfristigen Strombedarf nicht decken. Ganz abgesehen von den fehlenden Voraussetzungen wie zukünftiger Haftpflichtversicherung, technischer Sicherheit und Brennstäben.
Wenn man das Merit-Order-Prinzip reformiert – was natürlich positiv auf die Preisgestaltung durchschlagen kann, gibt es das Risiko, dass Lieferanten für Gas ihr Produkt nicht mehr z.B. nach Deutschland verkaufen, weil sie woanders wesentlich mehr verdienen.
Auch Norwegen hält die Preise hoch, obwohl es zu Europa gehört. Politisch ließen sich in Norwegen Preissenkungen gegen den Markt vermutlich nur schwer durchsetzen, weil hohe Preise hohe Gewinne für den Staatsfonds bedeuten, welcher quasi den Bürgern, also den Wählern gehört.
Eine Möglichkeit wäre, verschiedene Strompreis-Cluster an der Börse zu bilden. Dann ergäbe sich Mischkalkulation – und eine Quersubvention teurer Anlagen. Das führt aber letztlich dazu, dass der Anreiz wegfällt, die Erneuerbaren erheblich auszubauen.
Zahlen, Zahlen, Zahlen
Ölpreis:
Brent (z.B. Nordsee) Rohölpreise (Barrel=159 Liter)
ICE, London
01.01.2020 66,50 USD
01.01.2021 51,00 USD
01.01.2022 78,50 USD
25.09.2022 88,50 USD
WTI (West Texas Intermediate) Rohölpreise:
Börse NYMEX, New York
25.09.2022 78,92 USD
USD
01.01.2020 1,11 EUR
01.01.2021 1,13 EUR
01.03.2021 1,23 EUR
01.01.2022 1,14 EUR
25.09.2022 0,99 EUR
Zahlen für die Strommenge und den Strompreis:
Strommenge:
21.09.2021
- Gesamt (Netzlast): 64.281 MWh
- Residuallast: 55.270 MWh
- Pumpspeicher: 9 MWh
- Deutschland: 190 €/MWh
- Dänemark 1: 190 €/MWh
- Dänemark 2: 190 €/MWh
- Frankreich: 190 €/MWh
- Luxemburg: 190 €/MWh
- Niederlande: 190 €/MWh
- Österreich: 190 €/MWh
- Polen: 117,1 €/MWh
- Schweden 4: 190 €/MWh
- Schweiz: 188,57 €/MWh
- Tschechien: 190 €/MWh
- Norwegen 2: 126,31 €/MWh
- Belgien: 190 €/MWh
22.09.2022
- Gesamt (Netzlast): 62.974 MWh
- Residuallast: 54.797 MWh
- Pumpspeicher: 43 MWh
Strompreise:
- Deutschland: 527,71 €/MWh
- Dänemark 1: 527,71 €/MWh
- Dänemark 2: 527,71 €/MWh
- Frankreich: 515,85 €/MWh
- Luxemburg: 527,71 €/MWh
- Niederlande: 459,85 €/MWh
- Österreich: 522,94 €/MWh
- Polen: 218,16 €/MWh
- Schweden 4: 527,66 €/MWh
- Schweiz: 512,92 €/MWh
- Tschechien: 526,56 €/MWh
- Norwegen 2: 499,91 €/MWh
- Belgien: 488,17 €/MWh
Der Begriff Residuallast beschreibt den Teil des Stromverbrauchs in Deutschland, der nach Abzug der Einspeisung von fluktuierenden Erneuerbaren Energien ins Stromnetz übrig ist. Es geht also um den Restbedarf an Strom, der nicht durch Wind- und Solarenergie abgedeckt werden kann.
Tagesaktuelle Auswertungen sind bei https://www.smard.de/home zu finden.
Hallo Bastian,
Folgende Fragen könnten alles klären:
1. WELCHE Gasmenge zu welchem Preis hat Russland (RU) geliefert? (Wie lange wäre der Liefervertrag gelaufen?
2. Füllung der Gasspeicher + laufender Verbrauch:
a) WIEVIEL Gas wurde ab (Fehlmenge ggü RU) wann aufgeschlüsselt nach Tagen geliefert?
b) von WEM – Firmen/Staaten?
c) zu welchem PREIS?
d) durch WELCHEN Transport – Pipeline/LNG – bei LNG wo ausgeladen?
Man vergleiche zwei Kurven (Preiskurven):
Eine Gerade? (Russland) zu „Wildwuchs“ – nehme die Fläche zwischen den Kurven und – „da haben wir den Salat!“
Es grüßt
Dieter